Filmriss

Michele Soavi

MICHELE SOAVI begann seine Karriere als Regieassistent beim kürzlich verstorbenen Splatter- und Sexfilmgott Joe D´Amato, der den deutschen Jugendschützern in den 80er Jahren mit seinen (Mach-)Werken einige Schweißperlen auf die Stirn trieb. Dieser gab Soavi dann auch als erstes kleinere Rollen in seinen Produktionen. In dem durch seine unfreiwillige Komik höchst unterhaltsamen Splatterwerk "Alien - Die Saat des Grauens kehrt zurück (Alien II - sulla terra)" gab Michele Soavi 1980 sein Debüt als Darsteller. Seine größte Rolle hatte er dann 1983 in Lamberto Bavas "A blade in the dark (La casa con la scala nel buio)". In diesem durchschnittlichen Giallo konnte man ihn als psychopathischen Killer in Frauenkleidern bewundern.

Die ersten Erfahrungen als Regisseur sammelte er 1986, als er die sehr interessante Dokumentation "World of Horror" über Italiens Horrormeister Dario Argento drehte. Im gleichen Jahre entstand dann mit "Aquarius (Deliria aka Stagefright)" sein erster Spielfilm. Dieser von Joe D´Amato produzierte Slasher handelt von einem Killer mit Vogelmaske, der das Team einer Theaterproduktion auf höchst brutale Weise dezimiert. Trotz der genretypischen Handlung kann der Film vor allem durch seine derben Splattereffekte und die ungewöhnliche Kameraführung blendend unterhalten.

Nach dieser Produktion trennten sich die Wege von Soavi und Joe D´Amato und er begann seine fruchtbare Zusammenarbeit mit Dario Argento. Bei ihm arbeitete er zunächst als Second Unit-Director, unter anderem am hervorragenden "Terror at the Opera (Opera)". Unter dem Einfluss von Argento entstand dann auch 1989 mit "The Church (La chiesa aka Demoni 3)" seine zweite Spielfilmarbeit.

Kreuzritter meucheln im Mittelalter ein ganzes Dorf, von dem es heißt das es vom Bösen besessen ist, nieder. Die Bewohner werden in einem Massengrab verscharrt. Das Grab wird versiegelt und eine Kathedrale darüber erbaut. In der Gegenwart wird das Siegel durch ein Versehen geöffnet und die Kathedrale "wird zur Spielwiese des Teufels, auf der sich ausschweifende Halluzinationen, Orgien der abgrundtiefsten Verderbtheit und blutige Rituale vollziehen." (Coverzitat). Obwohl der Film größtenteils nur an einem Ort spielt, kommtzu keinem Zeitpunkt Langeweile auf. Vielmehr weiß Soavi die Atmosphäre der Kathedrale zu nutzen, denn der Film besticht durch seinen eigenen Stil und seinen visuellen Einfallsreichtum. Im selben Jahr erhielt Soavi noch die Chance mit Ex-Monty Python Terry Gilliam ("Brazil" / "12 monkeys") bei dessen "Die Abenteuer des Baron Münchhausen" als Second Unit-Regisseur zu arbeiten.

1991 drehte er dann mit "The sect (La setta)" einen Film über eine Frau, die von einer Satanistensekte auserkoren wird, den Antichristen zur Welt zu bringen. Auch bei diesem Werk kann er seine visuellen Möglichkeiten wieder voll entfalten. Leider wirkt die Geschichte arg konstruiert und kann nicht sonderlich fesseln. Die schon angesprochene visuelle Seite ist allerdings beeindruckend. Bis zu diesem Film konnte man nur erahnen, welche bedrohliche Atmosphäre Wasserleitungen auf den Betrachter ausüben können. Diese Szene ist sicherlich eine Reminiszenz an Mario Bavas wunderbaren 1963 entstandenen Geniestreich "Die drei Gesichter der Furcht (I tre Voltedella paura)".

Nachdem sich Soavi 1993 auch von Dario Argento als Produzenten trennte, war endlich die Zeit gekommen "seinen" Film zu machen. Allerdings war der Weg von "Dellamorte Dellamore" lang und steinig. Es war ein Spießrutenlauf für den Regisseur die benötigten fünf Millionen Mark Budget zu beschaffen. Trotz dieser widrigen Umstände wurde aus "Dellamorte Dellamore" der beste Genrefilm der letzten Jahre.

Leider ist mir die derzeitige Situation von Michele Soavi nicht bekannt. Es wäre allerdings schön, wenn wir bald wieder einen Film dieses grandiosen Regisseurs bewundern dürften.

Als letztes ist noch anzumerken, dass "Dellamorte Dellamore" hier in Deutschland weder im Kino gelaufen noch auf Video erschienen ist. Die anderen Werke von Michele Soavi sind zwar hier auf Video veröffentlicht worden, doch sind sie nicht ungeschoren durch die Zensur gekommen. Bei "Aquarius" sind sämtliche Splatterszenen der Schere zum Opfer gefallen. Etwas gnädiger gingen die Zensoren mit "The church" um, der in der deutschen Videofassung noch einige blutige Szenen enthält. Falls nach diesem Bericht jemand Blut geleckt haben sollte und sich unbedingt mit den Werken von Michele Soavi auseinandersetzen will, hier ein kleiner Tipp: Am günstigsten kann man die Filme in der ungeschnittenen Fassung bei folgendem Versand erstehen:

Videodrom Mailorder • Fürbringer Str. 17 • 10961 Berlin

P.S. Inzwischen ist zumindest "Aquarius" in einer ungeschnittenen deutschen Videofassung erschienen. "Dellamorte Dellamore" soll oder ist bereits erschienen. Dazu ist mir leider nichts näheres bekannt.

S.G.